Position zur Lehrkräfteausbildung

in Deutschland

07.10.2022 | Bund

Mit seiner gerade aktualisierten „Berliner Erklärung“ positioniert sich der bak zur Lehrkräftebildung in Deutschland. Die „Berliner Erklärung“ wurde 2014 in Berlin erarbeitet, 2015 auf dem 49. Seminartag in Oldenburg verabschiedet und auf dem 56. Seminartag des bak Lehrerbildung 2022 in Gera aktualisiert.

Bedeutung der Lehrkräfteausbildung

  • Die Lehrkräfteausbildung an den Hochschulen und in der zweiten Phase (Vor­be­reitungsdienst) muss den gesellschaftlichen Veränderungen und neuen schulischen Herausforderungen gerecht werden.
    Daraus ergeben sich erweiterte Anforderungen an die Professionalität der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Ausbilderinnen und Ausbilder, ins­besondere im Hinblick auf die Themen Interkulturalität, Migration, Inklusion, Diversität, Digitalität und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE).
  • Eine qualitativ hochwertige Lehrkräfteausbildung wird vor allem durch die zweite Phase gesichert, da die kohärente Verschränkung von Theorie und Praxis ihr Alleinstellungsmerkmal ist. Nur durch die zweite Phase der Lehrkräfteausbildung sind zudem kontinuierliche personelle Begleitung und personenorientierte Beratung zur Stärkung einer selbstreflexiven Persönlich­keit gewährleistet, da dies von den Hochschulen nicht geleistet werden kann.
  • Die Politik hat für die Lehrkräfteausbildung in den Ausbildungsseminaren und Ausbildungsschulen die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen sowie die erforderlichen Ressourcen bereitzustellen, die diesen Anforderungen in ihrer hohen gesellschaftlichen Relevanz gerecht werden.
  • Die Ausbilderinnen und Ausbilder der Seminare arbeiten in einer her­vor­gehobenen Funktion. Dies erfordert die Gewinnung qualifizierter Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter, eine der Funktion vorausgehende hochgradige Professionalisierung sowie eine fest budgetierte Fortbildung. Nur so kann die Ausbildung den erweiterten Ansprüchen der Ausbildungscurricula gerecht werden.
  • Derzeit hat der Erwerb interkultureller, inklusiver sowie medien­pädagogi­scher Kompetenzen – Umgang mit Vielfalt, förderpädagogische Grund­kom­petenzen, Sprachförderung, sprachsensibler Unterricht, Medien­didaktik – mit Blick auf die Ausbildungs- und Beratungsfunktion der Ausbilder­innen und Ausbilder besondere Bedeutung und bedarf dringend deren fach­gerechter Qualifizierung.

Der bak Lehrerbildung stellt fest:

  • Die Orientierung an Ausbildungsstandards und Kompetenzorientierung (KMK-Ausbildungsstandards) sichert nur unzureichend die erhoffte Vergleichbarkeit der Ausbildung der einzelnen Hochschulen des jeweiligen Bundeslandes sowie die notwendige bundesweite Vergleichbarkeit.
  • Die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes in verschiedenen Bundesländern auf 18 Ausbildungsmonate oder darunter führt zu einer nicht verantwortbaren Verdichtung der Ausbildung für die Lehramtsanwärterinnen und Lehramts­anwärter wie auch für die Ausbilderinnen und Ausbilder in den Ausbildungs­seminaren.
  • Wir nehmen schon jetzt eine Überfrachtung der Ausbildungscurricula und der Anforderungen auf Kosten von Ausbildungstiefe, Professionalisierung, Re­flexions­gelegenheiten und Nachhaltigkeit wahr.
  • Unangemessen hohe Anteile bedarfsdeckenden selbstständigen Unterrichts ohne Begleitung durch Ausbilderinnen und Ausbilder sind für den Erwerb der notwendigen professionellen Kompetenzen kontraproduktiv. Sie folgen vor­rangig dem Motiv von Einsparmaßnahmen. Der Erwerb von Handlungs­kom­petenzen im selbstständigen unbegleiteten Unterricht wird suggeriert, Aus­bildungsqualität damit aber nicht erreicht.
  • Vordringliche Aufgabe der Bildungspolitik und der Verantwortlichen in den Ländern ist es, die bedarfsdeckende und -gerechte Versorgung der Schulen mit Lehrkräften durch die Erhöhung der Attraktivität des Berufes einer Lehrkraft sicherzustellen. Dies gelingt nur unzureichend. Der bak begrüßt Initiativen, die dafür sorgen, gut ausgebildete und qualifizierte Lehrkräfte für die Schulen zu gewinnen.

Der bak Lehrerbildung spricht sich aus für

  • ein hochwertiges Studium für alle Lehrämter von mindestens 10 Semestern Dauer,
  • den Erhalt beziehungsweise den Ausbau der berufsqualifizierenden bildungs­wissenschaftlichen und fachdidaktischen Studienanteile mit deutlichem Bezug auf das zukünftige berufliche Arbeitsfeld,
  • unterschiedliche Akzentuierungen im Studium nach den Erfordernissen des jeweiligen Lehramts sowie modulare Qualifikationserweiterungen und flexible Umstiege,
  • angemessene Praxisphasen in der ersten Phase der Lehrkräfteausbildung, deren zeitliche Ausdehnung aber keinesfalls mit dem Umfang des Vorbereitungs­dienstes verrechnet werden darf,
  • flächendeckend ein eigenständiges Lehramt Sonderpädagogik,
  • für alle Lehrämter die Konkretisierung und den Erwerb der erforderlichen Handlungskompetenzen, um individuelle Vielfalt als Herausforderung und Chance nutzen zu können,
  • die zeitgemäße und professionelle Qualifizierung von Ausbilderinnen und Ausbildern im Bereich der Medienpädagogik sowie die Sicherstellung der dafür notwendigen medientechnischen Ausstattung der Seminare,
  • den Erhalt und Ausbau eigenständiger regionaler Seminare, um den spe­zifischen Bedarfslagen der Lehrkräftebildung gerecht werden zu können.

Der bak Lehrerbildung fordert:

  • einen 24-monatigen Vorbereitungsdienst, in dem die notwendige Pro­fessionalität und Reflexionskompetenz für eine Schule der Vielfalt in den zen­tralen Aufgabenbereichen Unterrichten, Erziehen, Diagnostizieren und Fördern, Beraten und Beurteilen, Arbeit im Team, Innovieren und Schul­entwicklung erworben werden kann,
  • ein Beförderungsamt für alle Ausbilderinnen und Ausbilder an Ausbildungs­seminaren,
  • tragfähige institutionelle Kooperationsregelungen für Praxisphasen bzw. Praxissemester zwischen erster und zweiter Phase der Lehrkräftebildung,
  • die Bereitstellung notwendiger Ressourcen für konzeptionelle Arbeit, Imple­mentierung und Realisierung der Kooperation mit allen an der Aus­bildung Beteiligten,
  • die Bemessung von bedarfsdeckendem bzw. eigenverantwortlichem Unter­richt am Ausbildungsinteresse auszurichten und der hohen Qualität von Aus­bildung zu verpflichten,
  • seitens der Landesregierungen besonders in die Lehrkräftebildung der zweiten Phase zu investieren, um die höchstmögliche Qualifizierung von Seiten­ein­steigerinnen und Seiteneinsteiger zu gewährleisten, sowie die Seminare bei deren Auswahl zu beteiligen,
  • die stärkere Einbindung der Seminare auch in die dritte Phase der Lehr­kräftebildung. Aus den sich ständig erweiternden Aufgabenfeldern aller am Ausbildungsprozess Beteiligten ergibt sich zwangsläufig die intensivere Ver­knüpfung aller drei Phasen der Lehrkräftebildung.

 

© Alexa auf Pixabay

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